Entwicklung des Ask!-Modells

Das Ask!-Modell wurde in den Jahren 1996 – 1999 am Mental Research Institute (MRI) in Palo Alto von Dr. Ilka Hoffmann-Bisinger entwickelt und dort sowohl im research committe als auch im Brief Therapy Team des MRI regelmäßig vorgestellt und diskutiert.

Die ersten Publikationen erfolgten 2005 im Rahmen der Dissertation und 2007 durch das Buch „Changing Perspektive – Changing Solutions“, welches im Carl Auer Verlag erschienen ist. Damals wurde das Ask!-Modell noch unter dem Namen „EAI Kurztherapie – Explizit Analoge Interventionen in der Kurztherapie“ veröffentlicht. Im Mai 2007 wurde dieser Ansatz durch den Forschungspreis der Systemischen Gesellschaft (SG) ausgezeichnet. Die erste Präsentation auf einem internationalen Kongress fand im November 2007 auf der 3. Europäischen Konferenz für Strategische Kurztherapie und Systemische Therapie in Arezzo (Italien) statt.

Seitdem wurde das Ask!-Modell kontinuierlich weiter entwickelt und durch verschiedene Kongressbeiträge und Fachartikel publiziert. Inzwischen wird das Ask!-Modell sowohl in Therapie als auch im Coaching angewandt, das Anwendungsgebiet wurde im Laufe der Jahre von Einzelnen auf Paare und Gruppen erweitert. Im September 2023 erschien das deutsche Buch zum Ask!-Modell: "Innere Bilder - Der Schlüssel zur Veränderung. Analoge Systemische Kurztherapie und Coaching" im Klett-Cotta Verlag.

Über das Ask!-Modell

„Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über dasselbe Thema malen.“ – Pablo Picasso

Das Ask!-Modell – moderne integrative systemische Kurztherapie

Jetzt, wo das MRI-building in Palo Alto verkauft wurde und das Brief Therapy Center sein Zuhause verloren hat, die systemische Therapie Kassenleistung in Deutschland wird und die neue „Bibel“, herausgegeben von von Sydow & Borst, der Systemischen Kurztherapie als eigene Entität kaum Raum gibt (außer de Shazer), ist eine moderne integrative Systemische Kurztherapie mehr denn je erforderlich. Das von Dr. Ilka Hoffmann-Bisinger entwickelte Ask!-Modell stellt genau das dar: eine moderne integrative Form der Systemischen Kurztherapie. Hervorzuheben sind hierbei besonders folgende Aspekte des Ansatzes:
Das Ask!-Modell nimmt a.) eine ausgeglichene Balance zwischen der Dualität von Problem und Lösung ein, ist b.) integrativ und umfassend, berücksichtigt c) durch die Nutzung der inneren Bilder wissenschaftliches Wissen, arbeitet d.) auch mit Emotionen und nutzt damit einen Zugang, der bei anderen eher kognitiven Methoden so nicht angelegt ist, setzt e) direkt an dem, dem Problem zugrundeliegenden intrapsychischen Mechanismus an und wahrt f.) die Kompetenz und die Würde des Anderen ganz besonders.

Balance zwischen der Dualität von Problem und Lösung
Die oft als Gegenpositionen dargestellten Möglichkeiten „Problem“ oder „Lösung“ können systemisch sehr gut mit einem „sowohl als auch“ aufgelöst werden. Der inhärente Dualismus, das Verknüpfsein dieser beider Hälften einer Kugel wird nicht dadurch aufgehoben, dass man sich fast nur für eine Hälfte interessiert, wie de Shazer oder die Psychoanalyse es gerne machen. Für nachhaltige Entwicklung braucht es beides: das Verstehen, die Würdigung und Verabschiedung des Alten und die Schaffung und Begrüßung des Neuen. Und es braucht vor allem die Transformation von der bisherigen nicht ausreichenden und damit das Problem stabilisierenden Lösung hin zu einer ausreichenden neuen Lösung, wie es in der Arbeit mit den inneren Bildern so wunderbar stattfindet. Und da das Verstehen bei Ask! auf einem konzentrierten Prozess der Problem-/Musteranalyse basiert - fokussiert im hier und jetzt -, gibt es nur nötigen, aber keinen unnötigen "problem talk".

Integrativ und umfassend

Die von Ilka Hoffmann-Bisinger entwickelte eigenständige Form der systemischen Kurztherapie geht über Palo Alto und andere Formen der strategischen Kurztherapie hinaus ohne auf deren relevante Erkenntnisse zu verzichten und arbeitet ja ohnehin auch mit zentralen Basisinterventionen der Systemischen Therapie. Es geht nicht darum, das System einfach nur zu verstören, sondern Ask! ermöglicht dem Klienten das selbstbestimmte Finden der für ihn stimmigen neuen Lösung. Ask! ist damit direkt lösungsorientiert (in bewusster Abgrenzung zum lösungsfokussiert, wobei de Shazers "solution-focused" interessanterweise im Deutschen oft mit lösungsorientiert übersetzt wird). Auch der narrative Ansatz - welche Geschichte erzähle ich mir selbst - ist implizit integriert, nämlich in den zugrunde liegenden Annahmen/Glaubenssätzen der versuchten Lösung.

Innere Bilder nutzen - wissenschaftliches Wissen berücksichtigen

Denken und/oder Fühlen und/oder Handeln ist im Menschen als neuronales Muster von miteinander verknüpften und gemeinsam erregten Neuronen, die durch die Kombination unterschiedlichster (Sinnes)informationen multidimensional und komplex sind, abgebildet. Diese multidimensionalen, komplexen Muster können auch als Innere Bilder verstanden werden, mit denen sehr viel Information gleichzeitig abgebildet/bereitgestellt/abgerufen wird. Das imaginäre Aufrufen eines Inneren Bildes bringt dann alle damit verknüpften Informationen, also Verhalten / Gedanken / Gefühle / Körperreaktionen hervor - fast so als ob ich mich tatsächlich in der realen Situation befinde. Diesem neurobiologischen Verständnis von Mustern wird Ask! voll gerecht. Denn Innere Bilder sind nicht nur konstruierte Wahrheiten und Lebenserfahrungen bzw. second-order reality, sondern auch dadurch erzeugte und gespeiste automatisierte Programme des Handelns, Fühlens und Denkens. Das fand ich übrigens auch nochmal sehr spannend mir klar zu machen, dass Innere Bilder alles Mögliche sein können und es demzufolge sehr viele Möglichkeiten gibt mit ihnen zu arbeiten.

Kognitive Ansätze durch die Arbeit mit Emotionen erweitern

Das imaginäre Aufrufen eines Inneren Bildes bringt durch das damit verbundene Aufrufen aller damit verknüpften Informationen eben auch die Emotionen hervor und berührt somit viel tiefer und intensiver als Worte es vermögen. Dies trägt auch zur Kürze und Nachhaltigkeit einer Therapie bei.

Am zugrundeliegenden intrapsychischen Mechanismus ansetzen

Das Ask!-Modell setzt mit dem Bild der versuchten Lösung direkt (und damit hochwirksam) genau dort an, wo Veränderung nötig tut: am Muster selbst bzw. daran, wie ich innerhalb des (gegebenenfalls von mehreren Menschen ausgeformten) Musters fühle / denke / handle.
Da die neue Lösung bzw. Musterunterbrechung auch nicht vorgegeben wird, ermöglicht Ask! dem Klienten das autarke Finden der für ihn stimmigen Musterunterbrechung in Form der finalen neuen Lösung. Es handelt sich damit um eine intrapsychisch vollzogene Transformation und um einen echten, autonomen Wachstumsschritt. Dass dem Intrapsychischen Raum gegeben wird halte ich auch -bei aller unbestrittenen Bedeutung des Interpsychischen - für unerlässlich.

Kompetenz und Würde der Klient:innen wahren

Durch das nicht-interpretative Vorgehen, das So-Stehen lassen des Bildes wird meinem Gegenüber auch vermittelt, dass dieses Bild genug ist, dass in ihm alles da ist, was er oder sie braucht und dass ich Vertrauen habe, dass sich die ganze im Bild gespeicherte Urgewalt entfalten wird. Und ich finde auch, dass angesichts dessen, dass mir ein anderer Mensch einen tiefen, ja ich möchte fast sagen heiligen Blick in sein Innerstes erlaubt, (berührtes) Schweigen bezüglich möglicher Interpretationen eine sehr angemessene Reaktion ist. (hier kommt mir gerade der Gedanke, dass Schweigen vielleicht die Königin des Analogen ist, da es eine unglaublich hohe Komplexität besitzt, emotional getränkt ist und meinem Gegenüber eine weite Projektionsfläche bietet).

Zusammenfassung

Im Ganzen betrachtet stellt das Ask!-Modell ein umfassendes, integratives, wissenschaftlich begründetes, problembasiert-lösungsorientiertes, tief berührendes, die Kompetenz der Klient:in würdigendes und diese stärkendes Konzept einer modernen Systemischen Kurztherapie dar.

Berlin, am 13. August 2019
Dr. Andrea Kunz